Vorlesung
Lineare Funktionalanalysis∗
Sommersemester 2024
apl. Prof. Dr. Nils Ackermann
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt
Stand 11. April 2024
∗Beruhend auf einem Skript von Prof. Dr. Weth
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
Schwerpunkt der Vorlesung ist die systematische Untersuchung unendlich-dimensionaler normierter Räume und der stetigen linearen Abbildungen zwischen diesen Räumen. Die hierbei entwickelte Theorie ist Grundvoraussetzung für die Behandlung wichtiger Problemstellungen u.a. im Bereich der partiellen Differentialgleichungen, der mathematischen Physik, der Numerik und der Stochastik. Ein wesentliches Merkmal der Funktionalanalysis ist das fruchtbare Zusammenspiel analytischer und linear
algebraischer Zusammenhänge. Eine Ausgangsfrage der linearen Algebra ist die Frage der Lösbarkeit linearer Gleichungssysteme der Form
Hier und im Folgenden seien oder und . Ferner sei eine Matrix gegeben. Die Menge der Lösungen ist gesucht. Lösbar ist dieses Gleichungssystem genau dann, wenn im Erzeugnis der Spalten von liegt; dies ist leicht zu entscheiden. Im Falle der Lösbarkeit kann man den affinen Lösungsraum dann als Summe einer speziellen Lösung und des Kerns von schreiben, wobei man diesen Kern ebenfalls leicht durch Zeilenumformungen von bestimmen kann. In der Funktionalanalysis betrachtet man u.a. ähnlich aussehende Probleme der Form
Hierbei ist gegeben und gesucht, wobei nun und unendlich-dimensionale Vektorräume über seien und eine -lineare Abbildung gegeben ist. In Anwendungen sind dabei und oft Funktionen, d.h. Elemente von Funktionenräumen. Wir werden sehen, dass wir zur strukturellen Untersuchung solcher unendlich-dimensionalen Probleme analytische Eigenschaften ins Spiel bringen müssen. Insbesondere werden wir voraussetzen, dass und normierte Vektorräume sind und stetig ist.
Einfaches Beispiel
Wir betrachten die Ruhelage einer eingespannten Saite, deren Auslenkung in vertikaler Richtung durch den Graph einer Funktion mit beschrieben sei. Auf diese Saite möge nun die vertikale Kraft am Punkt wirken. Im Falle der Gewichtskraft wäre dies z.B. für , wobei als Produkt der Massendichte der Saite und der Schwerebeschleunigung gegeben ist. Die Form der Saite wird dann (bis auf eine Konstante) durch die Gleichungen
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(1.2) |
beschrieben. Diese Gleichungen in den unendlich vielen Punkten kann man zusammenfassend in der Form (1.1) schreiben, wenn man z.B. die Vektorräume
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und die lineare Abbildung , betrachtet. Glücklicherweise ist in diesem Fall das Problem eindeutig lösbar, und die Lösung ist gegeben durch
|
mit der Greenfunktion
|
Man beachte, dass ein sogenannter Integraloperator ist, den man als Matrix mit durch indizierten Einträgen betrachten kann. Damit wäre das einfache Problem (1.2) bereits gelöst. Allerdings schließen sich z.B. folgende wichtige Fragen an, auf welche die Funktionalanalysis Antworten geben kann:
-
Welche Funktionenräume muss man betrachten, wenn man unstetige vertikale Kräfte zulassen möchte?
-
Wie sieht die Lösungsmenge des (ähnlich aussehenden) linearen speziellen Problems von Sturm-Liouville
|
(1.3) |
mit gegebenen Funktionen , aus? Hier ist also gegeben durch .
-
Gibt es Eigenfunktionen für die Probleme (1.2) und (1.3), d.h. Funktionen und mit ? Wie sieht die Menge der zugehörigen Eigenwerte aus?
-
Wie behandelt man eine mehrdimensionale Version des Problems (Eingespannte Membran im vertikalen Kraftfeld)?
Wir werden auf Probleme der Form (1.1) in systematischer Weise zurückkommen. Zuvor müssen wir aber grundlegende Eigenschaften von unendlich-dimensionalen normierten Räumen und stetigen linearen Abbildungen verstehen.
2 Normtopologien
2.1 Normierte Räume und Prähilberträume
Bezeichnungen: Stets seien oder und ein -Vektorraum.
2.1 Definition.
- (a)
-
Eine Abbildung heißt Halbnormauf , falls für alle und gilt:
- (N1)
-
(Homogenität)
- (N2)
-
(Dreiecksungleichung).
Es folgt dann: und damit , also
- (N3)
-
für alle (Positivität).
- (b)
-
Eine Halbnorm auf heißt Norm, falls zusätzlich für alle gilt:
- (N4)
-
(Definitheit).
In diesem Fall heißt das Paar normierter Raum.
2.2 Definition. Zwei Halbnormen auf heißen äquivalent, falls existieren mit
|
Wir schreiben dann: . Die Relation „“ definiert Äquivalenzrelationen auf der Menge der Halbnormen und auf der Menge der Normen auf .
2.3 Bemerkung und Beispiel.
- (a)
-
Alle Normen auf sind äquivalent.
- (b)
-
. Für und sei
|
Bekannt aus der Analysis II: ist eine Norm auf . Dabei gilt die Höldersche Ungleichung:
|
Hier heißt der zu konjugierte Exponent. Beachte: sind konjugiert g.d.w. gilt.
- (c)
-
Sei eine beliebige Menge, und sei der -Vektorraum der beschränkten Funktionen mit punktweisen linearen Operationen. Dann ist ein normierter -Vektorraum mit der Supremumsnorm definiert durch . Der Beweis der Normeigenschaften ist sehr einfach. Ist , so notiert man die Funktionswerte von als Folge, d.h. man schreibt mit . Dann ist . Kurzschreibweisen: statt und statt .
Wir wollen im Folgenden weitere unendlich-dimensionale normierte Räume durch ein allgemeines Prinzip konstruieren. Dieses Prinzip liefert auch einen (alternativen) Beweis der Halbnormeigenschaften von aus Bemerkung und Beispiel 2.3(b).
2.4 Definition.
- (a)
-
Eine Teilmenge heißt
-
konvex, wenn für alle , gilt: ;
-
symmetrisch, wenn gilt: für alle mit ;
-
absolut konvex, wenn konvex und symmetrisch ist;
-
absorbierend, wenn für jedes ein existiert mit .
- (b)
-
Eine auf einer konvexen Teilmenge definierte Funktion
heißt konvex, wenn für alle , , gilt. Ist absolut konvex, so heißt absolut konvex, wenn konvex und gerade ist. Dabei heißt gerade, wenn für alle und mit gilt.
2.5 Bemerkung und Beispiel.
- (a)
-
Ist eine Halbnorm auf und , so sind die Mengen und absolut konvex und absorbierend.
- (b)
-
ist absolut konvex genau dann, wenn für alle , mit gilt.
- (c)
-
Für und Zahlen (Gewichte) mit heißt Konvexkombinationder Elemente . Ist konvex, so liegt jede Konvexkombination von Elementen aus wieder in .
- (d)
-
Ist absolut konvex, so gilt für alle , und mit .
- (e)
-
Sei ein Intervall. Dann ist genau dann konvex, wenn monoton wachsend ist.
Die Beweise von (a)–(e) sind allesamt recht einfach.
2.6 Satz. Sei absolut konvex und absorbierend. Dann wird durch
|
eine Halbnorm auf definiert.
Beweis.Da absorbierend ist, erhält man für alle . Zur Homogenität: Für und gilt
Zur Dreiecksungleichung: Seien , und seien mit . Mit (also ) ist dann
|
aufgrund der Konvexität von , und somit folgt . Durch Infimumbildung in und folgt . □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-16 __________________________________
2.7 Definition und Satz. Für sei die Menge aller Folgen in mit . Dann ist ein normierter -Vektorraum (bzgl. komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation) mit der Norm definiert durch
|
Beweis.Offensichtlich ist die Nullfolge . Seien , und . Dann ist
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und somit . Da die Funktion , gemäß Bemerkung und Beispiel 2.5(e) konvex ist, gilt ferner
und somit . Also ist ein -Vektorraum. Zudem ist
|
eine absorbierende Teilmenge von , denn für gilt . Aufgrund der Konvexität der Funktion ist auch absolut konvex, wie man leicht nachprüft. Somit definiert
eine Halbnorm auf gemäß Satz 2.6. Zum Beweis der Definitheit (N4) beachte man: für alle . □
2.8 Bemerkung.
- (a)
-
Analog definiert man für eine beliebige höchstens abzählbare Indexmenge anstelle von , z.B. . Kurzschreibweisen: statt und statt . Man beachte: Der Fall führt wieder zurück auf .
- (b)
-
Sind konjugierte Exponenten, so gilt die Höldersche Ungleichung
|
Im Fall , sieht man dies direkt:
|
Im Fall verwenden wir die Youngsche Ungleichung
|
(2.1) |
Diese Ungleichung beweist man leicht durch Minimierung der Funktion in für festes . Unter Verwendung von (2.1) folgt nun mit , :
2.9 Satz. Sei.
- (a)
-
Für gilt, , und für alle, aber und sind nicht äquivalent auf.
- (b)
-
für alle.
2.10 Definition.
- (a)
-
Eine Abbildung heißt hermitesche Formauf , falls gilt:
- (H1)
-
ist -linear für alle ;
- (H2)
-
für alle . Insbesondere folgt: für alle .
- (b)
-
Eine hermitesche Form heißt positiv, falls für alle gilt.
- (c)
-
Eine positive hermitesche Form heißt Skalarprodukt, wenn für alle die Implikation gilt. In diesem Fall schreiben wir oft statt . Das Paar heißt dann Prähilbertraum.
2.11 Bemerkung. Ist eine hermitesche Form auf , so gilt
|
Ist , so ist genau dann eine hermitesche Form, wenn es eine symmetrische Bilinearform ist.
2.12 Satz. Sei eine positive hermitesche Form auf. Dann gilt:
- (a)
-
für alle (Cauchy-Schwarz-Ungleichung)
- (b)
-
Durch ist eine Halbnorm auf definiert. Diese ist genau dann eine Norm, wenn ein Skalarprodukt ist.
2.13 Beispiel. Sei eine höchstens abzählbare Indexmenge. Dann ist ein Prähilbertraum mit Skalarprodukt definiert durch
|
Die Konvergenz der obigen Reihe folgt aus dem Majorantenkriterium, denn es gilt
|
und die Reihen und konvergieren.
2.2 Topologische Eigenschaften normierter Räume
Wir wiederholen zunächst die grundlegenden topologischen Begriffe in metrischen Räumen.
2.14 Definition. Sei eine Menge. Eine Metrikauf ist eine Abbildung , so dass für gilt:
- (M1)
-
,
- (M2)
-
,
- (M3)
-
.
Das Paar heißt metrischer Raum.
2.15 Definition und Bemerkung.
- (a)
-
Für , und setzen wir:
- (b)
-
heißt
-
abgeschlossen, falls ;
-
offen, falls ;
-
Umgebung von, falls ;
-
dicht in, falls ;
-
beschränkt, falls .
Es gilt:
-
, sind offen, sind abgeschlossen;
-
offen abgeschlossen;
-
sind offen und abgeschlossen;
-
ist offen, ist abgeschlossen;
-
ist abgeschlossen.
- (c)
-
Seien , ( beliebige Indexmenge). Dann gilt:
-
Sind alle , , offen, so auch und, falls endlich ist, auch .
-
Sind alle , abgeschlossen, so auch und, falls endlich ist, auch .
- (d)
-
Sei und eine Folge. Falls für , so nennen wir Grenzwert der Folge und schreiben bzw. für . Leicht zu sehen: Durch diese Eigenschaft ist eindeutig bestimmt.
- (e)
-
Ist ein -Vektorraum, so induziert jede Norm auf eine Metrik , gegeben durch für alle . Ist ein metrischer Raum und , so ist auch ein metrischer Raum. Insbesondere ist jede Teilmenge eines normierten Raumes ein metrischer Raum mit der durch die Norm induzierten Metrik.
- (f)
-
Die Eigenschaften „offen“ und „abgeschlossen“ hängen vom umgebenden metrischen Raum ab. Ist ein metrischer Raum und , so gilt für :
-
offen in es existiert , offen in , mit ;
-
abgeschlossen in es existiert , abgeschlossen in , mit .
- (g)
-
Sei ein -Vektorraum. Zwei äquivalente Normen und auf erzeugen die gleiche Topologie, d.h. das gleiche System offener Teilmengen. Für gilt also, dass genau dann offen bzgl. ist, wenn offen bzgl. ist. Gleichermaßen invariant bleiben die Eigenschaften „abgeschlossen“, „beschränkt“ und „dicht“, die Definitionen und und die Konvergenz von Folgen. Insbesondere sind diese Begriffe im Vektorraum , unabhängig von der Wahl einer Norm, wohldefiniert.
2.16 Definition. Der metrische Raum heißt separabel, falls eine abzählbare dichte Teilmenge besitzt. Hier und im Folgenden steht „abzählbar“ für „endlich oder abzählbar unendlich“.
2.17 Beispiel.
- (a)
-
ist separabel, denn
- (b)
-
ist separabel, denn ist eine abzählbare und dichte Teilmenge von .
2.18 Satz. separabel, separabel.
Beweis.Nach Voraussetzung existiert eine abzählbare Menge , welche in dicht liegt. Wir setzen
|
und wählen für jedes . Da abzählbar ist, ist auch die Menge
|
abzählbar. Ferner ist dicht in (Übung!). Es folgt, dass separabel ist. □
2.19 Definition. Sei ein normierter Raum. Eine Teilmenge heißt total, falls gilt. Hier und im Folgenden bezeichne „“ das Vektorraumerzeugnis von in , welches als der Unterraum aller Linearkombinationen von Elementen aus bzw. äquivalent als der Schnitt aller Unterräume von , welche enthalten, gegeben ist.
2.20 Satz. Sei ein normierter-Vektorraum. Dann ist genau dann separabel, wenn eine abzählbare totale Teilmenge enthält.
Beweis.„“: Sei separabel. Dann existiert eine abzählbare Teilmenge mit . Es folgt , also . Demnach ist total.
„“: Sei abzählbar und total. Wir setzen
|
wobei
|
sei. ist abzählbar, da und abzählbar sind.
Seien nun und gegeben. Da total ist, existieren und mit
|
(2.2) |
Sei . Da dicht in ist, existieren mit
|
Es folgt
|
Da beliebig gewählt war, folgt . Somit ist , und ist separabel. □
2.21 Definition und Bemerkung.
- (a)
-
Eine Folge heißt finit, falls für höchstens endlich viele gilt. Sei der -Vektorraum der finiten Folgen. Es gilt dann für alle . Eine Basis von ist gegeben durch die Einheitsvektoren , . Für ist dicht in (Übung), also total in . Es folgt mit Satz 2.20: ist für separabel.
- (b)
-
ist nicht separabel (Übung).
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-19 __________________________________
2.3 Stetige Abbildungen
Seien im Folgenden und metrische Räume.
2.22 Definition und Bemerkung. Seien eine Abbildung und .
- (a)
-
heißt stetigin , wenn für jede Folge in mit gilt. Dies ist bekanntermaßen äquivalent zu jeder der folgenden Eigenschaften:
- (b)
-
heißt stetig, wenn in jedem Punkt aus stetig ist. Dies ist äquivalent zu jeder der folgenden Eigenschaften:
-
Für jede in offene Teilmenge von ist offen in .
-
Für jede in abgeschlossene Teilmenge von ist abgeschlossen in .
-
Für alle gilt .
- (c)
-
Wir setzen
Ist speziell (mit oder ), so schreiben wir kurz anstelle von und anstelle von .
2.23 Bemerkung.
- (a)
-
Die Komposition stetiger Abbildungen ist stetig
- (b)
-
Sind stetig für und konvergiert die Funktionenfolge gleichmäßig gegen (d.h. für ), so ist auch stetig.
- (c)
-
Sind stetig und ist dicht in , so ist .
- (d)
-
Die Mengen und sind -Vektorräume. Genauer ist ein abgeschlossener Unterraum von bzgl. der Norm . Dies folgt aus (b), da die Konvergenz bzgl. genau der gleichmäßigen Konvergenz entspricht. Falls nicht explizit anders bemerkt, betrachten wir im Folgenden stets mit der Norm
2.24 Definition. Sei eine Abbildung
- (a)
-
heißt gleichmäßig stetig, falls für alle ein existiert, so dass für alle die Implikation gilt: .
- (b)
-
heißt Lipschitz- stetig, falls existiert mit
|
- (c)
-
heißt Isometrie, falls für alle .
- (d)
-
heißt Homöomorphismus, falls bijektiv ist und sowie stetig sind. Existiert solch ein , so heißen und homöomorph. Wir schreiben in diesem Fall .
2.25 Bemerkung.
- (a)
-
Für eine Abbildung gelten folgende Implikationen: Isometrie Lipschitz-stetig gleichmäßig stetig stetig.
- (b)
-
Es gelte . Dann ist die Abbildung , Lipschitz-stetig (mit Lipschitz-Konstante ).
Seien im Folgenden , normierte -Vektorräume.
2.26 Satz. Sei -linear.
- (a)
-
Äquivalent sind:
- (b)
-
Ist, so ist stetig.
Beweis. (a) bekannt und einfach.
(b) Man sieht direkt, dass eine Norm auf definiert ist durch . Nach Bemerkung und Beispiel 2.3(a) ist äquivalent zu , da endlichdimensional ist. Somit existiert mit
|
also insbesondere
|
2.27 Definition.
- (a)
-
Wir setzen
|
Man rechnet leicht nach, dass mit der Definition
|
ein normierter Raum ist.
- (b)
-
Der Vektorraum heißt topologischer Dualraumvon .
- (c)
-
Wir setzen (Raum der stetigen Endomorphismen von ).
- (d)
-
Eine bijektive -lineare Abbildung heißt topologischer Isomorphismus, falls und stetig sind. Existiert eine solche Abbildung , so heißen und topologisch isomorph. Wir setzen
|
und schreiben kurz anstelle von .
- (e)
-
Die Identität schreiben wir meist als , so wie in der Operatorentheorie üblich.
2.28 Bemerkung.
- (a)
-
Die Elemente von nennt man auch beschränkte lineare Operatoren, und nennt man die Operatornorm.
- (b)
-
Ist , so ist die kleinste nichtnegative Zahl mit der Eigenschaft
|
- (c)
-
Ist ein weiterer normierter Raum und sind und gegeben, so gilt
|
also
|
Insbesondere gilt für und .
2.29 Beispiel.
- (a)
-
Sei der -Vektorraum der finiten Folgen (siehe Definition und Bemerkung 2.21) versehen mit , d.h. für . Sei ferner definiert durch . Man sieht leicht, dass bijektiv ist. Da ferner für alle gilt, ist auch stetig. Allerdings ist nicht stetig, da
|
für alle gilt. Hier sei wie in Definition und Bemerkung 2.21 der -te Einheitsvektor in .
- (b)
-
Sei . Dann ist die identische Abbildung stetig (da für alle gilt), aber ist nicht stetig, da und auf nicht äquivalent sind.
- (c)
-
(Integraloperatoren) Seien kompakte Intervalle, und sei stetig. Wir schreiben , und definieren die lineare Abbildung durch
|
Offensichtlich ist wohldefiniert und linear. ist stetig, denn für alle und gilt
|
mit
|
(2.3) |
also für . Es folgt somit mit . Wir werden nun sehen, dass sogar gilt. Sei dazu ein Punkt, wo das Maximum in (2.3) angenommen wird. Für sei ferner
|
Da ist, unabhängig von , gilt
|
wobei das letzte Integral für nach dem Satz von der majorisierten Konvergenz gegen konvergiert. Also ist auch , und insgesamt folgt Gleichheit. Spezielles Beispiel: Sei der Lösungsoperator zum Problem (1.2) aus Kapitel 1, d.h. es gelte
|
mit der Greenfunktion
|
Dann ist
|
mit
Es folgt .
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-23 __________________________________
2.4 Vollständigkeit und Reihen
2.30 Definition.
- (a)
-
Eine Folge in heißt Cauchyfolge, wenn gilt.
- (b)
-
heißt vollständig, wenn jede Cauchyfolge in konvergiert.
- (c)
-
Ein vollständiger normierter Raum heißt Banachraum.
- (d)
-
Ein vollständiger Prähilbertraum heißt Hilbertraum.
In (c) und (d) bezieht sich die Vollständigkeit dabei auf die induzierte Metrik.
2.31 Bemerkung. Sei eine Folge.
- (a)
-
Ist konvergent, so ist eine Cauchyfolge.
- (b)
-
Ist eine Cauchyfolge, so ist in beschränkt, d.h. die Menge ist beschränkt.
- (c)
-
Ist eine Cauchyfolge und besitzt eine gegen konvergente Teilfolge, so konvergiert bereits die Folge selbst gegen .
- (d)
-
Ist eine Cauchyfolge, ein weiterer metrischer Raum und gleichmäßig stetig, so ist auch eine Cauchyfolge (in ).
2.32 Satz. Sei.
- (a)
-
Ist vollständig und abgeschlossen, so ist auch vollständig.
- (b)
-
Ist vollständig, so ist abgeschlossen in.
Beweis. (a) Sei eine Cauchyfolge in . Da vollständig ist, existiert , wobei nach Voraussetzung gilt. Also konvergiert in .
(b) Sei . Dann ist für eine Folge in . Nach Bemerkung 2.31(a) ist eine Cauchyfolge in , und damit konvergiert nach Voraussetzung in . Es folgt . Insgesamt folgt . □
2.33 Bemerkung. Sei ein weiterer metrischer Raum und eine Abbildung.
- (a)
-
Ist eine Isometrie, so ist neben auch gleichmäßig stetig, und aus Bemerkung 2.31(d) folgt:
|
Gilt dies, so ist abgeschlossen in nach Satz 2.32.
- (b)
-
Ist ein Homöomorphismus, so erhält nicht notwendigerweise die Vollständigkeit: Seien z.B. und , jeweils versehen mit der Betragsmetrik . Sei ferner der Homöomorphismus gegeben durch . Dann ist vollständig und nicht, da nicht abgeschlossen ist.
2.34 Bemerkungen und Beispiele.
- (a)
-
Sind , äquivalente Normen auf einem -Vektorraum , so gilt:
|
Allgemeiner gilt für zwei topologisch isomorphe -Vektorräume und :
|
- (b)
-
ist ein Banachraum (bzgl. jeder Norm). Ist ferner irgendein normierter Raum mit , so ist topologisch isomorph zu und damit ein Banachraum nach (a).
- (c)
-
Jeder endlich-dimensionale Unterraum eines normierten Raums ist abgeschlossen nach (b) und Satz 2.32.
- (d)
-
ist ein Banachraum für . Wir beweisen dies zunächst im Fall : Sei eine Cauchyfolge in , wobei wir notieren. Sei fest; für gilt dann
|
und somit ist die Folge eine Cauchyfolge. Da vollständig ist, existiert . Setze . Für alle gilt dann
|
Also ist und somit . Für alle gilt zudem
|
und somit . Nach Voraussetzung gilt zudem und somit in ; dies war zu zeigen. Der Beweis für ist ähnlich, nur einfacher. Es gilt sogar:
- (e)
-
Ist eine beliebige Menge, so ist ein Banachraum (Übung).
- (f)
-
Nach Bemerkung 2.23(d) ist der Unterraum abgeschlossen in und damit ein Banachraum nach (e) und Satz 2.32(a).
- (g)
-
ist ein Hilbertraum mit dem Skalarprodukt aus Beispiel 2.13.
2.35 Satz. Seien normierte Räume. Ist ein Banachraum, so ist auch ein Banachraum. Insbesondere ist der Dualraum eines normierten Raumes stets ein Banachraum.
Beweis.Sei eine Cauchyfolge in und für . Dann gilt . Für alle folgt
|
d.h. ist eine Cauchyfolge in . Aus der Voraussetzung folgt somit die Existenz von
|
Aus der Linearität der Abbildungen und der Stetigkeit der linearen Operationen in folgt direkt, dass auch die Zuordnung linear ist. Ferner ist stetig und daher
|
d.h. ist stetig. Man beachte dabei, dass wegen Bemerkung 2.31(b) beschränkt ist. Schließlich ist
d.h. für . Dies zeigt die Vollständigkeit von . □
2.36 Definition. Seien ein normierter Raum und eine Folge.
- (a)
-
Wenn existiert, so nennen wir die Reihe konvergentund setzen .
- (b)
-
Die Reihe heißt absolut konvergent, wenn ist.
2.37 Satz. Sei ein normierter Raum. Dann gilt: ist genau dann ein Banachraum, wenn jede absolut konvergente Reihe in auch konvergent ist.
Beweis.„“: Genau wie für bzw. („Cauchykriterium“), man muss nur alle Beträge durch Normen ersetzen.
„“: Sei eine Cauchyfolge. Dann existiert für alle ein mit
|
Wähle nun induktiv und für . Dann gilt
|
also insbesondere
|
dh. die Reihe konvergiert absolut. Nach Voraussetzung konvergiert sie damit auch, d.h. es existiert
|
Nach Bemerkung 2.31(d) konvergiert die Folge damit insgesamt gegen , was zu zeigen war. □
2.5 Kompaktheit
Im Folgenden sei ein metrischer Raum.
2.38 Definition und Bemerkung.
- (a)
-
heißt kompakt, falls gilt: Ist eine beliebige Indexmenge und sind , , offene Mengen mit , so existiert eine endliche Teilmenge mit . Mit anderen Worten: Jede offene Überdeckung von lässt sich auf eine endliche Teilüberdeckung reduzieren.
- (b)
-
heißt präkompakt, wenn für alle eine endliche Teilmenge existiert mit (hier könnte man äquivalent auch nehmen; überlegen!).
- (c)
-
heißt kompakt(bzw. präkompakt), wenn der metrische Teilraum kompakt (bzw. präkompakt) ist. Somit gilt:
-
ist kompakt genau dann, wenn für jedes Familie , offener Mengen mit eine endliche Teilmenge existiert mit .
-
ist präkompakt genau dann für jedes eine endliche Teilmenge existiert mit (wobei hier die Umgebung von in bezeichne).
- (d)
-
heißt relativ kompakt, wenn kompakt ist.
2.39 Satz(Cantor). Sei vollständig, und seien, , abgeschlossene, nichtleere Mengen mit für alle und. Dann ist nichtleer.
Beweis.Wähle für . Nach Voraussetzung ist dann
|
(2.4) |